Ausgabe 2 / 05 Archiv Impressum Heim von RX5
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Über den Wolken, durch die Wolken, unter den Wolken

Kaputte Fernbedienung in Gesundbrunnen

Die Straße und ich

Fahren im Wörterbuch

Seite mit Kunst

"...oder lass mich mit ihnen zieh'n!" - Migranten ante portas

Unterwegs auf Neufundland

Mit dem Einkaufswagen unterwegs

Einen fahren lassen





Einen fahren lassen
Über unfreiwillige und gewollte Lautäußerungen des menschlichen Körpers zu unrechter und rechter Zeit
von Pupsi

In einer Zeit ohne Tabus und schier grenzenloser Offenheit gegenüber allem und jeden erscheint es grotesk, wie bei näherem Betrachten, die Lockerheit der Pobacken als zügellos verpönt ist: nirgends darf man mal einen "Fahren" lassen.

Zu verklemmt waren schon die Tischgelage im Hause Luthers, so dass der Hausherr besorgt frug: Warum rülpset und furzet ihr nicht? Hat es euch etwa nicht geschmecket? Ja, ja genauso stellt man sich diese mittelalterlichen Unsitten vor, in einer Hand einen Hähnchenschenkel in der anderen so was ähnliches, zwischendurch noch ein kräftiger Schluck aus dem metgefüllten Kuhhorn und beim Aufstehen, sich noch beim Tischherrn bedankend, entfährt einem, am besten aus allen Körperöffnungen gleichzeitig, ein undefinierbares Zischen, was das Lob lautmalerisch nochmals bekräftigen soll. HHmmmh? Möchten wir heutzutage, dass sich so unsere Gäste von uns verabschieden? Oder vertragen wir soviel Derbheit dann doch nur in bunten Asterix&Obelix-Comics, da diese geruchlos sind?

Ob unsere Vorfahren nicht auch Regelements besaßen, bei gegebener Zeit den Po Richtung Ausgang zu halten, damit nicht einer ganzen Sippe in der Höhle kauernd, schwindlig wird, wenn Papa mal wieder nicht an sich halten konnte? Zu bedenken, da der Geruchssinn damals noch um einiges besser ausgebildet war, um das Mammut beispielsweise aufspüren zu können. Igittigitt, wie unappetitlich. Selbst wenn vorne Bio reinkommt, kommt hinten doch wieder Gift raus. Was bei größeren Rindviecheransammlungen tatsächlich zu Veränderungen des Klimas führen soll, findige bzw. windige Erfinder platzierten zur Umweltschonung und Treibstoffgewinnung Auffangbehälter an die CO2-Sünder. Die armen Viecher rannten dann mit einer Plastiktüte am Arsch über die Koppel. Diese Bilder waren jedoch nicht in Hochglanzbroschüren bekannter Bullettenbratereien zu sehen: unser Beitrag zum Umweltschutz. Guten Appetit wünscht Ihr Küchenteam.

Selbst in der Werbung wird schon bei mehr oder weniger harmlosen Pupsen ein Duftüberdeckungsluftdeo angepriesen: hoppala jetzt stinkst hier aber, erst mal die chemische Gestankseliminierungskeule auspacken, man könnte ja auch eine Querlüftung machen, nein jetzt müssen die Düfte der Berge und Ozeane unsere heimischen Örtchen, wo der Kaiser zu Fuß hinging, auffrischen. Stilles Örtchen als Name ist natürlich auch eher ein frommer Wunsch des Namensgebers gewesen.

In der Pubertät fragte mich mal ein Liebhaber ob ich denn niemals furze, da er selbst bei genauester Beobachtung, wie interessant, kein Laut bei mir bemerke. Tja alles eine Frage der Erziehung erwiderte ich hochnäsig, womit ich seitdem als das wohl verklemmteste Wesen aller Zeiten betitelt, ungefragt seine Furzorgien ertragen musste. Er könne nämlich immer und auf Kommando, am liebsten beim in die lufthopsend beide Beine seitlings vom Körper weggestreckt! Hört, hört ein Po-Genie. Des weiteren machte er mich auf die komischen, dem Walgesang sehr ähnlichen Geräusche, aus dem Badezimmer über ihm aufmerksam. Dies war nämlich nicht die Heizung, wie er ursprünglich annahm, nein: diese Akustik entstünde nur, wenn der Nachbar in der Badewanne sitzend einen fahren lässt. Wie peinlich, dachte ich mir, das Schallwellen so verräterisch sein könnten. Diese freizügigen Äußerungen setzten mich unwillkürlich in die Zeit meiner Kindheit zurück, wo man mit der Freundin die ersten Erfahrungen körperlicher Ungezwungenheit erlebte.
Auch hier musste man bei nachmittäglichen Treffen sich irgendwann dazu bekennen, dass man für die plötzliche Luftverknappung verantwortlich war. Herrische Freundinnen nutzen dies sogleich als Chance zur Machtdemonstration aus und verbaten sich weitere Verpestungen ihres pastellrosa Mädchenwohntraums. Gutgelaunte, dem Witz nicht abgeneigte Wesen hingegen, nahmen die Geruchsunterbrechung sogleich auf, um mit dir in schallendes Gelächter auszubrechen. Sogleich fielen einem Gemeinheiten ein, um von sich abzulenken, leugnen machte einen erst Recht verdächtig, so das man gleich in den Angriff überging: Wer es hat zuerst gerochen, dem ist es auch aus dem Arsch gekrochen, war der Schlachtruf aller pupsenden Kinder. Auch poetisches war zu erfahren: Jedes Böhnchen ein Tönchen. Oder etwas anspruchsvoller: König Salomon der Weise spricht: laute Furze stinken nicht, aber vor den Leisen musst du weichen, denn die stinken fürchterlich.

Neulich im dichten Einkaufsgedränge eines niveauvollen Einrichtungsladens, ging eine sehr attraktive Blondine an mir vorbei, die ihre Pobacken zum knallen brachte, sie ergriff jedoch gleich die Flucht, so dass nach dem Donnerhall alle in meine Richtung glotzten. Am liebsten hätte ich geschrieen ich war`s nicht, sondern die da! Besser wäre natürlich noch der Grundschülerverteidigungsruf gewesen:
"Wer es zuerst gerochen, dem ist es auch aus dem Po gekrochen!"

In diesem Sinne: freie Fahrt für freie Ärsche.

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