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An der Oberfläche des Runden

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An der Oberfläche des Runden
von Holger Lange


"Kunst im Krankenhaus" heißt eine lobenswerte Initiative mit dem Ziel, Kunst und Kultur nicht von dem Ort auszuschließen, wo es illusionslos um Gesundheit, Krankheit, Leben und Tod geht. Es gibt sie am Universitätsklinikum "Benjamin Franklin" in Berlin-Steglitz seit über dreißig Jahren. Aktuell kann dort im Hauptgang noch bis zum 23. Juni die sehenswerte Ausstellung "die ELF - WE ARE THE CHAMPIONS" bei freiem Eintritt besucht werden.

Derartige Initiativen sind umso erfreulicher, je weniger Mittel an die städtischen Bildungseinrichtungen verteilt werden. So stand erst in jüngster Zeit auch die Uniklinik wieder in der Zeitung - als Sparopfer. Mit der Zusammenlegung der vorklinischen Ausbildung an der Charité will der Berliner Senat 7,3 Millionen Euro langfristig einsparen. Die zu Lasten des Steglitzer Standortes und gegen den Willen des Aufsichtsrates der Charité beschlossene Entscheidung begründet der Senat - wie so oft - mit der schlechten Haushaltslage der Stadt. Aber was sollen wir uns darüber beklagen?



Susanne Titzmann: Knabe ("die ELF - WE ARE THE CHAMPIONS"; Quelle: www.kultur-steglitz-zehlendorf.de)

Immerhin: Bundesregierung und diverse Wirtschaftsunternehmen stellten für die Initiative "Deutschland - Land der Ideen" einen Etat von etwa zwanzig Millionen Euro bereit. Das auffälligste Ergebnis der unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stehenden Image-Kampagne ist der so genannte "Walk of Ideas". Die sechs in Berlin-Mitte ausgestellten Plastiken sollen "den Ideenreichtum und Erfindergeist Deutschlands symbolisieren." (www.land-der-ideen.de). Die erwartungsgemäße Vielfalt der Objekte klammert "eine neuartige dreischichtige Metallic Lackierung" (ebd.) gleicher Farbe (silber-metallic).

Was hat es mit diesen Skulpturen auf sich, die einer Pressemitteilung des Lackierers (BASF Coatings, 13. Februar 2006) zufolge einmal "die neuen Wahrzeichen von Berlin" werden?

Weder die Auswahl noch die dazugehörigen Erläuterungen der Ausstellungsmacher glänzen durch das Aufgreifen von Konfliktstoffen. All das Gewählte kann auf einen allzu breiten Konsens bauen, die gefälligen Texte wirken wie aus Lexikonartikeln und Internetrecherchen zusammengeschustert. Nichts Neues, nichts Anstoßendes oder gar Anstößiges. Musik? Bücher? Stollenschuh? Man kann diese Dinge nicht ernsthaft schlecht finden. Dass sie nicht unbedingt deutsch-exklusiv sind, wie die Macher unumwunden zugeben, tut der Bewunderung keinen Abbruch. Gewiss wussten Einstein, Dassler und Bach, was in der Welt abging, beobachteten die Entwicklungen ihrer Branche sorgfältig und ließen in ihre Forschungen die Ideen anderer kreativer Geister dort mit einfließen, wo sie eben passten. Aber das beweist, dass man ein Kulturvolk ist im großen Kanon der Kulturvölker. Und das sollte man sich doch mal selber klar machen und es allen zeigen. Oder?



Schleichwerbung für den nächsten Kirchentag? Oder: Warum steht eine riesige Kopfschmerztablette auf dem Friedrich-Ebert-Platz?

Ein bisschen Show und ein wenig Infotainment schaden dem guten Zweck nicht. So etwas ist in der Marketing-Branche auch als AIDA-Prinzip bekannt. Insgesamt sechsmal wurde es zelebriert:

1. Enthüllung der jeweiligen Skulptur durch diverse Prominente (attention), 2. ein Informationsprogramm mit schmeichelnden Texten für den Betrachter (interest), 3. eine glitzernde Oberfläche (desire) mit dem Effekt 4. der Bildung einer bestimmten Meinung (action): BASF produziert hochwertige Lackfarben. "Das Ergebnis kann sich aus allen Perspektiven sehen lassen und hält garantiert länger als jede Fußballweltmeisterschaft.", so das vorausschauende Urteil des BASF-Experten (Pressemitteilung BASF Coatings, 13. Februar 2006). Der "WM-Lack", "der allen denkbaren Witterungsbedingungen trotzt und vor allem, der bei Schäden vor Ort repariert werden kann" (ebd.), ist tatsächlich das einzig unmittelbar Erfahrbare an den Werken. Im öffentlichen Raum kann jeder den Lack bei allen Lichtverhältnissen betrachten, anfassen, streicheln und mal mit dem Schlüsselbund dran kratzen, um heraus zu finden, was er wirklich aushält. Näher am Kunden lässt sich ein Produkt kaum testen. Und auch wer kein Auto zum Lackieren hat, der weiß es jetzt:
............................................................... (bitte selbst ergänzen)

Die Lackschau dauert noch bis Herbst 2006.


Weblink:

http://www.kultur-steglitz-zehlendorf.de/frommer.html
die ELF - WE ARE THE CHAMPIONS - 11 Künstlerinnen und 1 Künstlerin auf der Reservebank betrachten den Fußball - Ikonen, Malerei, Zeichnungen



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