Ausgabe 2 / 07 Archiv Impressum Heim von RX5
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Verlustig gehen

Vom ständigen Voranschreiten

Gewichtsverluste

In der äußersten Kunstecke

Verloren im Gewühl

Spannungsverlust



Vom ständigen Voranschreiten
oder: was bleibt ?
von Hendrik Schwalb

Man muss sich ständig ändern. Neues lernen. Vor zwanzig Jahren war die Existenz von Mobiltelefonen zwar schon bekannt, aber nur etwas für Freaks und Reiche mit dem zwanghaften Bemühen um ständige Erreichbarkeit.
Mp3-Playern waren noch nicht mal am Horizont zu sehen, mit dem Internet beschäftigten sich nur ausgewählte Fachleute, oder eben auch Technikfreaks , hauptsächlich an Universitäten.
Heute laden sich Kinder die neuesten Klingeltöne auf ihr Handy, als ob es noch nie etwas anderes gegeben hätte. Am sichtbarsten und deutlichsten ist die ständige Veränderung in der Welt des Digitalen, der Welt der Computer.

Da immer mehr Funktionen im modernen Leben von Computern übernommen, immer mehr Daten digitalisiert werden, sind ständige Veränderungen normal. Als ob es einen immerwährenden Zwang zum permanenten Update und zum laufenden Upgrade geben würde.

Neue Programme sind quasi schon mit ihrem Erscheinen veraltet. Die nächste Generation der Programme, Systeme und Funktionen lauert schon im Hintergrund. Dabei ist bemerkenswert, dass längst schon ein 'digitales Vergessen' eingesetzt hat. Viele Daten, die heute massenhaft produziert werden, haben ein ebenso massenhaftes, lautloses Verschwinden vor sich. Bei CD's wird die Haltbarkeit auf ca. 25 Jahre geschätzt, mit großer Schwankungsbreite je nach Qualität und Behandlung.

Festplatten für digitale Daten werden spätestens mit dem Verschwinden der jeweiligen Betriebssysteme, unter denen sie sie gelaufen sind, unlesbar. Schon heute stellt es eine echte Herausforderung dar, an Daten aus der Frühzeit der Computerentwicklung heranzukommen. Oder diese sogar heute zu nutzen.

Heute ist es schon ein Problem für Archive, die 'Gedächtnisse der Menschheit'. Alte Bestände digitaler Daten müssen eigentlich permanent neu abgespeichert, beziehungsweise auf neue Medien überspielt werden, um den Verlust zu verhindern.
Diese neuen Medien müssen auch wieder regelmäßig überspielt werden - all dies bei wachsenden Beständen. Wobei es kein neues Phänomen ist. Im Grunde genommen begann es schon mit der Umstellung von Schriften oder Zeichen auf Steinen zu Papyrusrollen und ähnlichen vergänglichen Materialien.

Während Stein Jahrtausende überdauern kann, sind Papyrus- oder Pergamentrollen häufig schon nach Jahrhunderten zerfallen.
Oder Feuer zum Opfer fielen, wie beim berühmten Brand der Bibliothek von Alexandria.

Papier aus dem Mittelalter hält Jahrhunderte, während der moderne Buchdruck säurehaltiges Papier benutzte, der die Drucke von innen heraus zersetzt.

Etwas Ähnliches wie die Verwendung von Säure bei Papier scheint nun der digitale Fortschritt zu sein, der seine Geschichte so komplett ignoriert, dass die Massen von Daten, die er hervorbringt, einfach wieder verschwinden könnten. In einer Art digitalem 'schwarzen Loch', ohne Hoffnung auf Wiederkehr. Eines ist klar: je mehr entsteht, umso mehr verschwindet. Etwas in Stein zu meißeln dauert lange, der Stein-Transport ist natürlich ebenfalls schwer.

Papyrus ist schon deutlich praktischer, zerfällt aber wie schon gesagt auch wesentlich schneller. Heute werden digitale Daten in einer unübersehbaren Fülle produziert.
Was von ihnen bleibt, ist völlig offen. Je mehr wir von unserem Leben dem digitalen Fortschritt anvertrauen, um so weniger wird wohl davon übrig bleiben.
Was bleibt? Vielleicht nur digitales Rauschen.

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