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Nackt zwischen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen

Und am Abend

In der einen Kunstecke

In der anderen Kunstecke

Nackig im Äther - Warum eigentlich uniRadio ?











Nackt zwischen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen
von Manfred Lehmann

Der Fernsehturm sieht immer noch ziemlich nackich aus. Vor Monaten tönte es in den Medien, die Kugel des "Telespargel" würde im Vorfeld der Fußball-WM ein neues Gewand bekommen. Stück für Stück sollte sie in pink und silber beklebt werden und wenn alles fertig ist, soll das dann wie ein Fußball aussehen. Warum pinkfarben? Na? Der Eigentümer des Turms ist nämlich "dadadadida" mit dem großen T. Obwohl schon im Dezember mit dem Bekleben begonnen wurde, sieht man nichts weiter als ein paar Fetzen auf der Kugel. "Nackisch sah dit aber besser aus" wird der Berliner hinterher sagen, wenn der pinkfarbene Fußball fertig ist. Wie dann wohl die Aussicht vom Restaurant sein wird mit der Stoffpelle?

Ich finde, die sollten das alles richtig ordentlich zukleben, dann könnte man da oben ein zweites Dunkelrestaurant aufmachen. Dort fühlt man sich ja in gewisser Weise auch nackich, weil hilflos, ungeschützt. Jeder Gast bekommt einen Kellner zugeordnet, nennen wir ihn mal Wolfgang, der einen in allen Lebenslagen umsorgt. "Wolfgang, ich muss mal aufs Klo." - Oder "Wolfgang, ich muss kotzen" möchte man im Dunkelrestaurant wohl lieber nicht hören.

Dann lieber nackt in der S-Bahn sitzen zwischen Schönhauser Allee und Gesundbrunnen, wo jetzt neuerdings die automatische Ansage Gesundbrunnen immer als Endstation ankündigt, woraufhin die Fahrgäste unruhig werden, die Köpfe verunsichert hin und her drehen, wenn der Zug den Bahnhof erreicht hat, dann mit einem Augenrollen aussteigen, sich an der Anzeige vergewissern, dass der Zug doch weiterfährt und erleichtert wieder Platz nehmen. Nur wenn man nackich ist, wird's a bisserl kalt auf dem Bahnhof, da ist es gut, dass die Bahn inzwischen den Fehler mit der falschen Ansage eingesehen hat. Das Band wurde zwar immer noch nicht geändert, aber kurz vor dem Bahnhof Gesundbrunnen wenn der Zug durch den Tunnel fährt, der kuschelig ist wie ein Dunkelrestaurant, schaltet sich die Stimme des Fahrers ein, ein Mann mit Herz und Schnauze, der uns vermittelt, dass der Zug als S47 weiter nach Spindlersfeld fährt außerdem noch Kommentare abgibt, dass die Kugel vom Fernsehturm nackicht ja viel besser aussieht.

Apropos nackich: Es gibt Menschen, die einen sehr starken Drang zur Entblößung haben. Kaum sind sie mal irgendwo länger als 3 Minuten, zum Beispiel in Zügen, müssen sie zur Freude aller Anwesenden sofort ihre Schuhe ausziehen, es folgt ein kurzes affektiertes gymnastisches Hin und Her Bewegen der Füße und ein zufriedenes Seufzen. Aber so was kann man im Dunkelrestaurant natürlich nicht sehen. Außerdem finde ich, dass die Eröffnungsgala der WM in der beklebten Kugel des Fernsehturms stattfinden soll, da ist es schön kuschelig und es gibt keine Probleme mit dem Rasen. Und André Heller muss als einziger seine Schuhe ausziehen.

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