Ausgabe 6 / 06 Archiv Impressum Heim von RX5
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In der einen Kunstecke

Der Ort des namenlosen Grauens

Dort wo es dunkel ist

In der anderen Kunstecke

Det gloob ick nich - Berlin: Ecken, Kanten, Widersprüche







Dort wo es dunkel ist
oder: Die neue Unterschicht
von Hendrik Schwalb

Kaum ein Tag vergeht mehr ohne Nachrichten aus der "neuen Unterschicht". Mal wird ein Kind aus "prekären sozialen Verhältnissen" tot im Kühlschrank gefunden, dann wieder mal eine neue Armuts-Statistik veröffentlicht. Interessant ist dabei, dass die "Unterschicht" wie aus dem Nichts entstanden sein muss. Noch vor kurzer Zeit war von ihr nichts zu lesen, zu hören oder zu sehen. Kann es sein, dass eine ganze Gesellschaftsschicht einfach so in kürzester Zeit entstanden ist, ohne das irgendjemand etwas gemerkt hat ?

Es hat einfach lange Zeit niemand hingesehen oder hinsehen wollen. So konnte sich ganz im Stillen eine Schicht entwickeln, die von den normalen Entwicklungen im Rest der Gesellschaft fast vollständig ausgeschlossen ist.
Da die 'Mitglieder' , man sollte besser sagen 'Insassen' dieser neuen Schicht keinen Zugang zu den Medien haben, über die man sich sonst in der Gesellschaft verständlich macht, dauerte es eine ganze Zeit ehe diese Personengruppe 'entdeckt' wurde. Obwohl sie schon lange da war.

Es ist ein Mißverständnis, das dazu führte zu glauben, diese neue Unterschicht sei quasi eben erst entstanden. Das einzig neue an dieser Unterschicht ist, dass sie wegen der Entwicklungen, die allgemein unter dem Stichwort "Globalisierung" zusammengefasst werden, kaum eine Chance haben, ihrem jetzigen Status zu entkommen. Zum Beispiel gibt es seit langem den Trend, fast alle ‚einfachen' Arbeiten auszulagern. Am besten gleich ins billige Ausland. Und gibt es eine deutsche Sonderentwicklung, die "bildungsferne Schichten" gleich von vorneherein von jeglichen Karrieremöglichkeiten ausschließt.

Eigentlich die einzigen, die sich abgesehen von einigen Sozialarbeitern, lange Zeit mit der Unterschicht beschäftigt haben, sind die Strategen des Privatfernsehens. Weil diese ständig mit Zuschauerbeteiligung, der heiligen Quote, zu tun haben konnte ihnen die Unterschicht nicht egal sein, sitzt diese doch bekanntermaßen meist sehr lange vor den Fernsehgeräten.

Es kommt genau die Marktwirtschaft, die große Gruppen der Gesellschaft per Arbeitslosigkeit und Armut für überflüssig erklärt hat, auf dem Umweg über den Bildschirm zu den "sozial Prekären" zurück. Mit den Verlockungen der großen, schönen, bunten, weiten Warenwelt, die sich viele der Adressaten nur zum Preis dauerhafter Ver- und Überschuldung leisten können.
Nichts neues? Vielleicht, aber es kann eigentlich auch dem "unprekären" Teil der Gesellschaft nicht egal sein, wenn ein immer größer werdender Teil der Gesellschaft im Dunkel von Armut, Resignation und Verwahrlosung verschwindet ...



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